Sensationelles Urteil des EuGH ermöglicht es Verbrauchern, belastende Kreditverträge zu widerrufen

Im Januar 2019 hat sich das Landgericht Saarbrücken mit einem Vorlagenbeschluss an den Europäischen Gerichtshof gewandt. Das Gericht hatte einige Zweifel, ob die Verbraucher durch die Widerrufsinformationen, die Banken und Sparkassen seit dem 10.06.2010 verwendet haben, zutreffend über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt worden sind.

Bedeutsam für Verbraucherdarlehen ab dem 11. Juni 2010

Die Widerrufsfrist beginnt für den Verbraucher erst zu laufen, wenn er alle Pflichtangaben erhalten hat, die für seinen Darlehensvertrag gesetzlich vorschrieben sind. Diese Angaben wurden in der weit überwiegenden Zahl der verwendeten Widerrufsinformationen jedoch nicht im Einzelnen aufgeführt. Stattdessen wurde lediglich angegeben, dass der Kreditnehmer die „Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB“ erhalten haben müsse. Diese Regelung verweist ihrerseits aber wiederum auf weitere Vorschriften. Der Darlehensnehmer muss also selbst eine ganze Reihe von Gesetzestexten lesen. Zudem muss er selbst die rechtliche Einordnung vornehmen, um welche Art von Darlehensvertrag es sich in seinem Fall handelt. Denn nach der Art des Kreditvertrages unterscheiden sich auch die Pflichtangaben. Dadurch wird die Ausübung des Widerrufsrechts erschwert.

Unzureichende Kaskadenverweisung

Obwohl der Bundesgerichtshof diese sog. Kaskadenverweisung seit 2016 trotz starker Kritik wiederholt als rechtmäßig erachtet hat, konnte nun mithilfe der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 26.03.2020 (Az. C-66/19, Rechtssache JC / Kreissparkasse Saarlouis)  erfreulicherweise klargestellt werden, dass „Verbraucherkreditverträge in klarer und prägnanter Form die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist angeben müssen“. Dem EuGH zufolge wird die Wirksamkeit des Widerrufsrechts ernsthaft beeinträchtigt, wenn der Verbraucher den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung nicht prüfen und auch nicht bestimmen könne, ob sein Kreditvertrag alle erforderlichen Angaben enthält. Er müsse aber erkennen können, ob die Widerrufsfrist für ihn zu laufen begonnen hat oder nicht.

Neue Chancen für den Kreditwiderruf

Mit der Entscheidung des EuGH haben sich die Chancen für Verbraucher erheblich verbessert, ihr Widerrufsrecht auch heute noch auszuüben. Sie können sich so z.B. von einem Kreditvertrag vorzeitig lösen, ohne hierfür ein Vorfälligkeitsentgelt entrichten zu müssen.

Auswirkungen für nahezu alle Arten von Verbraucherkrediten

Dieses Widerrufsrecht besteht grundsätzlich für alle Verbraucherdarlehen, die nach dem 10.06.2010 abgeschlossen worden sind – so z.B. für Autokreditverträge, Leasingverträge und Immobiliendarlehen. Für Immobilienkredite gilt dies jedoch nur bis zum 21.03.2016. Später abgeschlossene Darlehensverträge sehen in den Widerrufsbelehrungen andere Formulierungen vor.

Widerrufsrecht prüfen lassen

Auch wenn sich für viele Verbraucher durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs neue Chancen ergeben, sollten Sie einen Widerruf nicht übereilt erklären. Lassen Sie sich lieber erst von einem im Widerrufsrecht versierten Rechtsanwalt beraten. Hierfür stehen unsere Mitglieder Ihnen gerne bundesweit zur Verfügung.

 

 

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