OLG Stuttgart verurteilt Allianz Lebensversicherung
Die Allianz Lebensversicherungs-AG hat in einem von uns geführten Verfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart eine empfindliche Niederlage erlitten. Sie wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts vom 20.01.2022 verurteilt, die bei ihr im Jahr 2009 abgeschlossene Basisrente aufgrund des Widerrufs des Versicherungsnehmers zu kündigen und dem Versicherungsnehmer den sogenannten ungezillmerten Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nebst Zinsen auszuzahlen.
Oberlandesgericht Stuttgart ändert bisherige Rechtsauffassung
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat aufgrund des von uns geführten Verfahrens und der vorgetragenen Argumente seine bisherige Rechtsprechung geändert. Zuvor hatte es in ähnlich gelagerten Verfahren die von der Allianz Lebensversicherung dem Versicherungsnehmer erteilten Informationen und Belehrungen noch als ordnungsgemäß und ausreichend angesehen. Nunmehr hat es sich jedoch der von uns vertretenen Auffassung angeschlossen und seine bisherige Rechtsauffassung geändert. Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass es entgegen seiner bisherigen Auffassung die von der Allianz Lebensversicherung erteilten Informationen für unvollständig und die Belehrungen für fehlerhaft hält. Der vom Versicherungsnehmer erklärte Widerruf erweist sich daher nach Auffassung des Oberlandesgerichts als wirksam. Das Landgericht Stuttgart hatte die Klage zuvor als unbegründet abgewiesen. Dieses Urteil hat das Oberlandesgericht nun aufgehoben und die Allianz entsprechend verurteilt.
Folgen des Urteils
Demnach ist die Allianz verpflichtet, den nach den Vertragsbedingungen eigentlich unkündbaren Vertrag zu beenden und den Rückkaufswert des Vertrages ungekürzt um Abschluss- und Vertriebskosten einschließlich der Überschussbeteiligung auszuzahlen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die Allianz Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt hat.
Dennoch hat sie bereits wenige Tage nach der Urteilsverkündung den ausgeurteilten Betrag von etwas mehr als 80.000 € nebst Zinsen vorbehaltlos und ohne Sicherheitsleistung des Versicherungsnehmers ausgezahlt. Ob man bei der Allianz angesichts dessen selbst an eine erfolgreiche Revision glaubt, darf zumindest bezweifelt werden.
OLG Hamm: Allianz Lebensversicherung vermeidet weitere Niederlage durch Vergleich
Nach dieser Niederlage hat die Allianz auch in einem weiteren Verfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm eine weitere Niederlage durch einen Vergleich abgewendet. Auch hier hatte zuvor das Landgericht Münster die von uns geführte Klage abgewiesen. Das OLG Hamm wies nun aber darauf hin, dass auch bei dem dort im Jahr 2009 abgeschlossenen Basisrentenversicherungsvertrag die erteilten Vertragsinformationen unzureichend und fehlerhaft waren. Die Allianz bot daraufhin an, den nach den Bedingungen unkündbaren Vertrag doch noch zu beenden und der von uns vertretenen Versicherungsnehmerin den Rückkaufswert auszuzahlen, der sogar deutlich über den eingezahlten Beiträgen lag.
Rürup-Rente: unflexibel, teuer und intransparent
Basisrenten (Rürup-Renten) sind für die meisten Menschen unattraktiv, wurden aber vom Vertrieb regelmäßig mit der steuerlichen Absetzbarkeit der Beiträge beworben, um die Altersvorsorge mit einer privaten Rentenversicherung zusätzlich attraktiv zu machen. Was den meisten nicht deutlich genug vermittelt wurde, ist die Tatsache, dass Basisrentenverträge nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und auch nicht kapitalisierbar sind (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG). Einmal abgeschlossen, bleibt das Kapital auch dann gebunden, wenn der Versicherungsnehmer es dringend benötigt. Es besteht also – anders als bei den meisten anderen Rentenversicherungsverträgen – kein Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes und auch kein Kapitalwahlrecht bei Rentenbeginn. Auch das oft für die Versicherungsnehmer wesentliche Argument „Steuerersparnis in der Beitragsphase“ wird durch die nachgelagerte Besteuerung stark relativiert. Es liegt keine Steuervermeidung („Steuerersparnis“) vor, sondern es erfolgt lediglich eine zeitliche Verschiebung der Besteuerung!
Um an das einbezahlte Kapital wieder heranzukommen kann daher – wie in den oben beschriebenen Fällen – der Widerruf des Versicherungsvertrages eine Lösung sein, wenn z.B. die erteilten Informationen unvollständig oder fehlerhaft waren oder die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß war. Gegebenenfalls kommen im Einzelfall auch Schadensersatzansprüche gegen den Vermittler bzw. den Versicherer in Betracht.