Nachdem der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 18.01.2011, Az. XI ZR 356/09, entschieden hat, dass Banken verpflichtet sind, in ihrer Widerrufsbelehrung auf einen verbundenen Restschuldversicherungsvertrag hinzuweisen, haben bereits zahlreiche Gerichte Widerrufsbelehrungen in Ratenkrediten als fehlerhaft angesehen. Ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, kann der Kredit unbegrenzt widerrufen werden. Streitig ist oft, ob auch bereits gekündigte oder abgelöste Kredite noch widerrufen werden können und wie die Rückabwicklung im Einzelnen zu erfolgen hat.
Beide Fragen hat das Landgericht Hildesheim in seinem Urteil vom 09.01.2013, Az.: 6 O 193/12 zugunsten des Verbrauchers entschieden. Für die von der Targobank eingelegte Berufung sah das Oberlandesgericht Celle keine Erfolgsaussichten und kündigte an, die Berufung der Bank per Beschluss zurückzuweisen, woraufhin die Targobank das Rechtsmittel zurücknahm (OLG Celle, Hinweisbeschluss vom 06.05.2013, Az.: 3 U 21/13).
Beide Gerichte bestätigten, dass auch ein bereits gekündigter Darlehensvertrag noch widerrufen werden kann. Die Besonderheit in diesem Fall war nämlich, so unser Mitglied Frau Dr. Birte Eckardt aus der Kanzlei Eberhard Ahr, die den Darlehensnehmer erst- und zweitinstanzlich vertreten hat, dass der Widerruf erst erklärt wurde, nachdem die Targobank das Darlehen bereits wegen Zahlungsverzugs gekündigt und die Forderung eingeklagt hatte.
Auch hinsichtlich der nach dem Widerruf vorzunehmenden Neuberechnungen folgten das Landgericht Hildesheim und das Oberlandesgericht Celle den Ausführungen von Fr. Dr. Birte Eckardt. Danach muss der Darlehensnehmer der Bank lediglich den Nettokreditbetrag zuzüglich einer marktüblichen Verzinsung zurückzahlen. Die Restschuldversicherungsprämie und die Bearbeitungsgebühren schuldet der Darlehensnehmer demgegenüber nicht. War der Kredit bereits gekündigt, als der Widerruf erklärt wurde, sind Verzugszinsen nur auf den von dem Verbraucher zurückzuzahlenden Nettokreditbetrag zu zahlen. Die Targobank scheiterte folglich mit dem Versuch, auch für die vom Darlehensnehmer zu zahlende Nutzungsentschädigung Zinsen zu verlangen.
Rechtsanwältin Dr. Birte Eckardt aus der Kanzlei Ahr sieht ihre Rechtsauffassung bestätigt: „Seit dem 01.11.2002 gibt es keine gesetzliche Regelung mehr für eine zeitliche Begrenzung des Widerrufsrechts. Auch wenn Kreditverträge bereits vollständig abgewickelt sind, können diese immer noch widerrufen werden, wenn die Widerrufsbelehrung falsch ist, was bei sehr vielen Krediten zutrifft.“
Trotz der eindeutigen gesetzlichen Regelung stellen Banken immer wieder die falsche Behauptung auf, der Kredit könne nicht mehr widerrufen werden, weil er bereits gekündigt oder abgelöst worden sei.
Wir empfehlen jedem Verbraucher, die Widerrufsbelehrung von einem auf das Bankrecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen, und stehen Ihnen hierfür sehr gerne zur Verfügung. In den meisten Fällen führt ein Widerruf des Kreditvertrages zu einer erheblichen finanziellen Entlastung. In dem geschilderten Fall führte der Widerruf für den Verbraucher zum Beispiel zu einer Ersparnis von rund 10.000 Euro.