Oberlandesgericht Hamm bestätigt Rückforderungsanspruch gegen Online-Casinos

Als erstes Oberlandesgericht bundesweit hat sich das OLG Hamm zur Rückforderung von Verlusten gegenüber Online-Casinos geäußert.

Rechtsanwältin Dr. Iris Ober aus der Bielefelder Kanzlei unseres Mitglieds Juliane Brauckmann konnte am 12.11.2021 für einen Mandanten vor dem Oberlandesgericht Hamm Prozesskostenhilfe für die Rückzahlung von Verlusten in Höhe von knapp 300.000,00 Euro durchsetzen. In seinem Beschluss hat sich das OLG im Sinne der geschädigten SpielerInnen zu höchstrichterlich noch ungeklärten Rechtsfragen geäußert.

Ausgangspunkt

Der betroffene Spieler hatte in weniger als drei Jahren fast 300.000,00 Euro über das Internet bei einem der größten Online-Casinos aus Malta verloren. Ihm war dabei nicht bekannt, dass das Angebot des Online-Casinos in Deutschland als illegal angesehen werden musste.

Die Verluste erlitt der Spieler vollständig während der Geltungszeit des Glücksspielstaatsvertrages 2012 (GlüStV 2012). Nur mit dieser Rechtslage musste sich das OLG Hamm daher befassen.

Rechtslage

§ 4 Abs. 4 des Glücksspielstaatsvertrages 2012 untersagte es in Deutschland mit Ausnahme des Bundeslandes Schleswig-Holstein, über das Internet Online-Glücksspiel zu veranstalten oder zu vermitteln. Dadurch sollte das Entstehen von Glücksspielsucht verhindert, Jugend- und Spielerschutz gewährleistet und der Ausbreitung von unerlaubtem Glücksspiel entgegengewirkt werden. Die SpielerInnen sollten vor Suchtgefahr und Überschuldung geschützt werden.

Die über das Internet in Online-Casinos erlittenen Verluste können daher grundsätzlich  zurückverlangt werden. Der zwischen dem Online-Casino und den SpielernInnen abgeschlossene Spielvertrag ist wegen des Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot von Online-Glückspiel nach § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 4 GlüStV nichtig. Damit entfällt die Rechtsgrundlage für die Zahlungen an das Online-Casino. Außerdem kann ein Schadensersatzanspruchs der SpielerInnen wegen der Verletzung eines Schutzgesetzes gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 284 StGB bestehen.

Problem

Trotz einer klaren Rechtslage weigern sich die Online-Casinos regelmäßig, die über das Internet erlittenen Verluste zu erstatten. Dazu dürfte auch das Fehlen obergerichtlicher oder höchstrichterlicher Entscheidungen beigetragen haben.

Bisher haben zwar viele Landgerichte die Online-Casinos zu Erstattung von Verlusten verpflichtet, aber vor dem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 12.11.2021 hatte sich noch kein Oberlandesgericht geäußert und folglich auch der Bundesgerichtshof nicht. Dessen Grundsatzentscheidung steht nach wie vor aus.

Auch im zugrundeliegenden Fall musste Rechtsanwältin Dr. Ober für den Spieler Prozesskostenhilfe für die Rückforderung der Verluste beantragen, da das Online-Casino eine außergerichtliche Zahlung verweigert hatte.

Prozessverlauf

Nachdem das Landgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe noch verweigert hatte, hat Frau Dr. Ober gegen diese Entscheidung Beschwerde beim OLG Hamm eingelegt. Diese Beschwerde war erfolgreich. Die Prozesskostenhilfe wurde durch das Oberlandesgericht zugesprochen.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann zwar grundsätzlich nicht als Entscheidung in der Hauptsache gesehen werden, aber im vorliegenden Fall positionierte sich das OLG in den wesentlichen Punkten bereits erfreulich deutlich zugunsten der geschädigten SpielerInnen.

Nach dem Beschluss steht das Verbot von Online-Glücksspiel nach § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 in Einklang mit dem Recht der EU. Außerdem ist der sogenannte Verbrauchergerichtsstand einschlägig, so dass in Deutschland Klage erhoben werden darf, obwohl das Online-Casino auf Malta sitzt. Weiter ist deutsches Recht anwendbar.

Im Anschluss an frühere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu ähnlichen Konstellationen stellte das Oberlandesgericht Hamm daneben fest, dass den SpielerInnen eine Rückforderung der Verluste nicht deshalb verwehrt werden kann, weil sie sich selbst an einem objektiv illegalen Glücksspiel beteiligt hatten. Die rechtswidrig erlangten Zahlungen dürfen nicht auf diesem Weg beim Veranstalter verbleiben.

Anders als noch das Landgericht hielt das Oberlandesgericht Hamm auch den Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit einer Rückforderung nicht für begründet. Das rechtswidrig handelnde Online-Casino besitze kein schützenswertes Vertrauen dahingehend, die Einnahmen aus dem verbotenen Glücksspiel behalten zu dürfen.

Damit wurden alle wesentlichen Rechtsfragen bezüglich der Ansprüche auf Erstattung von Verlusten in Online-Casinos durch das Oberlandesgericht Hamm im Sinne der geschädigten SpielerInnen beantwortet.

Handlungsmöglichkeiten

Nach den vielen Entscheidungen von Landgerichten zu Gunsten einer Rückforderung der Verluste im Internet liegt mit dem Beschluss des OLG Hamm ein erster Meilenstein zur Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber Online-Casinos vor.

Der Verein für Verbraucherrechte e.V. empfiehlt betroffenen SpielerInnen prüfen zu lassen, ob ihnen ebenfalls ein Anspruch auf Rückzahlung gegenüber einem Online-Casino zusteht.

Dabei ist zu beachten, dass die Rückforderungsansprüche verjähren können und die entsprechende Frist regelmäßig mit dem 31.12. enden kann. Daher ist schnelles Handeln wichtig.

Für Anfragen wenden Sie sich bitte am besten unter der Rufnummer 0521 52993-0 oder per E-Mail an i.ober@kguk.de an Frau Dr. Iris Ober. Selbstverständlich stehen Ihnen aber auch alle anderen Mitglieder unseres Vereins zur Verfügung.

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