Unser Mitglied Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Michael Gelhard, Paderborn, erhielt per Postwurfsendung Werbung der Prokon Unternehmensgruppe für die Abnahme von Strom und von Genussrechten. Darin wird eine Rabattierung auf den Strompreis pro kWh versprochen sofern man mit einer Anlage von mindestens 250,00 € Genussrechte erwirbt. Die Genussrechte werden damit beworben, dass in diesem Bereich seit 17 Jahren die Anleger noch nie ihr Geld verloren hätten. Aber ist eine Investition in Genussrechte eine gute oder sichere Investition?
Genussrechte sind nicht gesetzlich geregelt. Es handelt sich um schuldrechtliche Beteiligungsrechte, die sehr unterschiedlich ausgestaltet sein können. In den meisten Fällen wird eine feste Grundverzinsung vorgesehen verbunden mit einem Rückzahlungsversprechen. Werden die Genussrechte verbrieft, spricht man von einem Genussschein. Die Ausgestaltung kann von jedem Ausgeber von Genussscheinen individuell gestaltet werden. Genussrechte können aber kein Mitwirkungsrecht an der Geschäftsführung eines Unternehmens und auch kein Stimmrecht für den Inhaber begründen. Das von Anlegern auf die Genussrechte gezahlte Kapital hat Eigenkapitalcharakter, da es dem Unternehmen langfristig oder unbefristet zur Verfügung steht und für den Genussrechtsinhaber wird eine Beteiligung an Gewinn und Verlust begründet. Im Insolvenzfall ist der Genussrechtsinhaber nachrangig gegenüber anderen Gläubigern des Unternehmens, wird also als letzter befriedigt. Damit die Ausschüttungen auf das Genussrechtskapital bei dem Unternehmen steuerlich als Ausschüttungen auf Fremdkapital behandelt werden können, ist die Beteiligung der Anleger am Liquidationserlös des Unternehmens regelmäßig ausgeschlossen.
Die Risiken bei einer Geldanlage in Genussrechten entsprechen je nach Ausgestaltung den Risiken von Anlagen in Schuldverschreibungen oder Aktien. Spezielle Risiken bei Genussscheinen sind jedoch das Ausschüttungsrisiko, also die Gefahr, dass bei gewinnunabhängigen Ausschüttungsregelungen im Falle eines Verlustes des Unternehmens keine Ausschüttungen erfolgen und das Rückzahlungsrisiko, wonach Verluste bei dem ausgebenden Unternehmen bei entsprechender Gestaltung des Genussscheines zu einer Aussetzung oder Reduzierung der Rückzahlung führen können. Ferner besteht ein Haftungsrisiko für den Fall einer Insolvenz oder Liquidation des Unternehmens, wenn –wie im Regelfalle- Genussrechtskapital als nachrangiges Kapital aufgenommen wurde. Der Genussrechtsinhaber erhält in diesem Falle seinen Kapitaleinsatz nur dann zurück, wenn vorab alle übrigen Gläubigeransprüche befriedigt werden konnten.
Sonderformen von Genussscheinen sind der Wandelgenussschein, der das Recht verkörpert, in Aktien umgewandelt zu werden und der nach der Wandlung untergeht, und der Optionsgenussschein, der die Möglichkeit auf Erwerb von Aktien zu einem festgelegten Preis bietet, jedoch nach Ausübung der Optionen oder nach Trennung erhalten bleibt.
Angesichts erheblicher Risiken werden aber Genusscheine teilweise noch riskanter als außerbörsliche Anleihen bewertet, weil sie neben den Merkmalen einer Anleihe auch bestimmte Eigenschaften einer Aktien mit sich bringen, da im Insolvenzfall die Inhaber ähnlich wie Aktionäre erst dann bedient werden, wenn alle übrigen Schulden getilgt sind. Auch das Versprechen der Unternehmen an die Anleger, dass im Falle eines Ausbleibens eines Jahresgewinns und des Ausfalls der Verzinsung der ausgefallene Zins in den Folgejahren nachgeholt wird, ist nicht viel wert. Denn um diese Nachholung leisten zu können, muss erst einmal wieder ausreichend Gewinn erwirtschaftet werden.
Dem Anleger sollte klar sein, dass er hier langfristig ohne jede Möglichkeit, auf die Gesellschaft Einfluss zu nehmen, ein Totalverlustrisiko eingeht. Die Postwurfsendung verspricht zwar, dass man über die Geschäftführung auch immer „abstimmen“ könne, in dem man „einfach die Genussrechte kündigt, wenn man nicht zu frieden sei“, nach den Genussrechtsbedingungen ist eine Kündigung der Genussrechte aber erst fünf vollen Kalenderjahren möglich ist.
Keinesfalls sollten sie aber irgendeine Unterschrift leisten, sofern Sie nicht den vollständigen Verkaufsprospekt einschließlich sämtlicher Nachträge und Risikohinweise erhalten, gelesen und verstanden haben. Dies dürfte allerdings für den normalen Anleger nicht einfach sein, da zum Beispiel der Hauptprospekt des mit der Postwurfsendung werbenden Unternehmens 145 Seiten umfasst und nur schwer verständlich ist.
Die Mitglieder des Vereins für Verbraucherrechte e.V. raten daher dazu, vor Zeichnung von Genussrechten kompetenten rechtlichen Rat einzuholen, was auch nach einer Zeichnung unter Umständen sinnvoll sein kann, sofern Sie mit Ihrer getätigten Investition nicht zufrieden sind.